Psychoseseminar versus Psychoedukation
Gegenüberstellung zweier Konzepte: Dialog oder Edukation?
Psychiatriehistorisch sind Psychoseseminare die Antithese zur reinen Psychoedukation. Statt Krankheitseinsicht und Compliance werden Eigensinn und Empowerment zu Zielgrößen. Eine große Schweizer Studie unterstreicht die Notwendigkeit dieser Erweiterung: Unter Patienten mit Psychoseerfahrung hatten diejenigen mit „idiosynkratischen“ (=eigensinnigen) Krankheitskonzepten eine höhere Lebensqualität, weniger Depressionen und Suizidalität. Auch die Psychoedukation sollte daher subjektorientierter und dialogischer gehandhabt werden.
| Psychoseseminare | Psychoedukative Gruppen | |
|---|---|---|
| Teilnehmer | Psychoseerfahrene, Angehörige, Mitarbeiter, Studenten | i.d.R. schizophrene Patienten |
| Inhalt | Erzählen von Geschichten, Austausch subjektiver Erfahrungen | Vermittlung von Wissen, allgemeines Psychoseverständnis |
| Ziel | mehr Selbstbestimmung | bessere Compliance |
| Lernprozess | wechselseitig | einseitig |
| Themen | gemeinsam bestimmt | vom Leiter festgelegt |
| Theorie-Bezug | offener Diskurs mit verschiedenen Bezügen | medizinisches Krankheitskonzept |
| Rollenverteilung | offener Dialog, gleichberechtigte Rollen | traditionell: Lehrer – Lernende |
| Sprache | Ziel ist, eine gemeinsame Sprache zu finden | professionell dominiert |
| Problem | weniger wissenschaftliche Akzeptanz | Struktur erschwert neue Beziehung/Erkenntnis |
| Selektion? | Chaos erfordert relative Stabilität der Teilnehmer | Ordnung erlaubt wenig Chaos |
| Annäherung? | u.U. mehr Struktur zum Schutz von weniger stabilen Teilnehmern | Subjektive Erfahrungen werden zunehmend mehr berücksichtigt |